Von Mauern, Wegen und heiligen Momenten

Neulich saß ich im Zug und schaute aus dem Fenster. Die Landschaft zog an mir vorbei. Reben, Wälder und der Himmel zeugten von der Weite unserer Welt und von der Freiheit und Schönheit, in der wir uns bewegen. Und mittendrin: immer wieder Zäune, Mauern, Straßen und Schranken.

Alles scheint in irgendeiner Form getrennt voneinander zu sein. Und doch: Wenn man etwas weiter rauszoomt, erkennt man, dass alles miteinander verbunden ist. Die Straße, die ich grade noch als Trennung gesehen habe, führt irgendwo anders hin und verbindet Orte. Zäune, die Grenzen markieren, stehen auf ein und derselben Erde.

Und da stellte sich mir die Frage: Was ist mein Wald? Was ist mein Himmel? Wo fühle ich mich frei und verbunden mit mir, mit Gott und mit meinen Mitmenschen? Wo stehen Brücken? Kurze Wege, um Verbundenheit zu spüren. Und wo sind Straßen?

Meinen Zäunen und Mauern bin ich mir oft mehr als bewusst. Und doch versuche ich immer wieder meine Mauern allmählich in Zäune zu verwandeln. Bis sie letztlich ganz verschwinden.

Das ist einer meiner tiefsten christlichen Überzeugungen: Ich will mich von meinen Mitmenschen nicht durch Mauern trennen lassen. Ich arbeite daran, sie abzubauen und manchmal schafft es eine unvorhergesehene Begegnung, Mauern einzureißen.

In Epheser 2, 14 steht:

„Denn Christus ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht hat und hat den Zaun abgebrochen, der dazwischen war, indem er durch sein Fleisch die Feindschaft wegnahm.“

In einer Welt voller sichtbarer und unsichtbarer Mauern ist dieser Vers eine bleibende Herausforderung für Kirche und Gesellschaft und eine Aufforderung an jede Einzelne und jeden Einzelnen. Denn überall, wo wir aufeinander zugehen und lernen, einander zu verstehen, befindet sich ein kleiner heiliger Moment, in dem wir innehalten dürfen.

AMEN
 

- Jana Schell, Diakonin für Jugend- und Konfirmand*innenarbeit -

 

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