Wann haben Sie zuletzt die Kirche gelobt?

Meine Augen blieben dieser Tage an einem Lutherwort hängen.

Luthers Landesherr, Kurfürst Friedrich, war krank geworden. Luther schrieb ihm einen kleinen Traktat: „Vierzehn Tröstungen für Mühselige und Beladene.“

Man schrieb 1519, Frühzeit der Reformation. Eine der Tröstungen geht aufs Konto der Kirche. Da ist Erstaunliches zu lesen: „Wenn ich leide, leide ich nicht mehr allein. Mit mir leiden Christus und alle Christen ... So tragen andere meine Last, ihre Kraft ist meine. … Der Glaube der Kirche kommt meiner Angst zu Hilfe … Eines anderen Gebet ist um mich bekümmert … Mit ihrer Ehre wird meine Schande geehrt … Eine so große Sache ist die Gemeinschaft der Heiligen und die Kirche.“

Ob die Trostgründe Luthers heute trösten können, lasse ich dahingestellt. (Obwohl ich schon angefangen habe zu fragen, wer die Menschen sind, die mir geholfen haben, Christinnen und Christen, die für mich gebetet, mir beigestanden haben auf den schwierigen Wegstrecken meines Lebens.)

Doch jetzt geht es mir darum: Wann habe ich zuletzt einen Christenmenschen erlebt, der ohne offiziell veranlasst zu sein, gesagt hat, was er an seiner Kirche hat, was er an ihr schätzt, wo er ihr dankbar ist?

Es ist, finde ich, typisch evangelisch, seiner Kirche mit kritischer Distanz zu begegnen. Doch wo bleibt die kritische Sympathie für die Kirche?

Die ersten evangelischen Gemeinden zeigten vermutlich ähnliche Schwächen und Fehler wie die heutigen. Luther hat sie dennoch geliebt, auch mit ihren „Ärgernissen und Rotten … Sie singt mit ihrem Herrn auch das Lied: Selig ist, der sich nicht an mir ärgert. " Sie will allerdings „nicht ersehen, sondern geglaubt sein" (aus der Vorrede zur Offenbarung des Johannes).

Ein Grund, meines Erachtens, 'die Kirche' ab und zu auch mal zu loben.

Ihr Rainer Heimburger, Dekan des Kirchenbezirks Breisgau-Hochschwarzwald

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Rainer Heimburger